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Diagnose Diabetes

Wenn ein Familienmitglied die Diagnose Diabetes erhält, ist man erst mal geschockt. Fragen über Fragen kommen auf und die Angst um die Lieben ist groß. Meist ist es nur mangelndes Wissen über die Krankheit, das zu übertriebener Unsicherheit führt. Wir beantworten die wichtigsten Fragen. Text: Marion Hughes & Stephanus Parmann

Diabetes tritt vor allem in den industrialisierten Ländern auf und zählt demzufolge zu den typischen Zivilisationskrankheiten. In der Bundesrepublik leiden etwa sieben Millionen Bürger unter der Zuckerkrankheit (Diabetes mellitus), weltweit gibt es schon jetzt mehr als 200 Millionen Zuckerkranke, bis zum Jahr 2030 soll sich ihre Zahl sogar annähernd verdoppeln.

Die Ursache für diesen rasanten Anstieg sehen Mediziner vor allem in den schlechten Lebensgewohnheiten, in Bewegungsmangel sowie ungesunder Ernährung.

Waren beispielsweise vom Typ-2-Diabetes bisher vor allem Menschen im höheren Alter betroffen, erhalten zunehmend auch Kinder und Jugendliche diese Diagnose. Neben Vererbung und mangelnder Bewegung ist bei ihnen vor allem Übergewicht ein entscheidender Faktor für das Entstehen der Erkrankung. Als Ursache für Diabetes gilt ein gestörter Zuckerstoffwechsel, der sich im ganzen Körper bemerkbar machen und zu Folgeerkrankungen wie etwa dem diabetischen Fuß, Bluthochdruck oder zu schlechten Cholesterinwerten führen kann. Vor allem am Anfang lässt sich durch eine geänderte Lebensweise noch effektiv gegen die Erkrankung angehen.

Worin unterscheiden sich Typ 1 und Typ 2?

Typ-1-Diabetes: Die insulinproduzierenden Zellen der Bauchspeicheldrüse sind zerstört oder funktionslos, sie stellen kein oder wenig Insulin her. Man spricht auch von „absolutem“ Insulinmangel. Da diese Unterform des Diabetes häufig schon bei Kindern und Jugendlichen auftritt, wird sie umgangssprachlich auch “jugendlicher Zucker” genannt.

Typ-2-Diabetes: Vorhandenes Insulin wirkt nicht mehr ausreichend. Das hat zwei Hauptgründe: Ein Insulinmangel und die Insulinresistenz. Die Bauchspeicheldrüse kann immer noch Insulin herstellen. Im Gegensatz zum absoluten Mangel an Insulin bei Typ-1-Diabetiker liegt jedoch nur ein „relativer“ Insulinmangel vor.

Wie wirkt Insulin im Körper?

Nach einer Mahlzeit wird Traubenzucker (Glucose) aus dem Darm in das Blut aufgenommen. Der Blutzuckerspiegel steigt, Insulin wird freigesetzt. Es sorgt dafür, dass die Zellen den Zucker aus dem Darm aufnehmen können. Alle Zellen brauchen Glucose, um zu funktionieren. Weil Insulin bei Diabetes nicht oder nicht mehr ausreichend wirkt, wird Glucose nicht in die Zellen aufgenommen. Als Folge steigt der Blutzuckerspiegel an. Ist ein bestimmter Blutzuckerwert überschritten, wird Glucose mit dem Urin ausgeschieden.

Sind andere Ursachen für Diabetes bekannt?

In der Schwangerschaft ist das Risiko für Diabetes erhöht. Auch als Folge anderer Krankheiten oder nach langer Einnahme bestimmter Medikamente kann es zu Diabetes kommen. Auch möglich: Erkrankungen der Bauchspeicheldrüse oder verschiedener hormonproduzierender Drüsen wie der Schilddrüse oder der Nebennierenrinde, Infektionen, langfristig eingenommenen Medikamente wie etwa Cortison.

Diagnose Diabetes: Was dürfen Sie essen?

Früher gab es für Diabetiker strikte Diätpläne, nach denen sie nur wenig Kartoffeln und Brot, absolut keine Süßigkeiten, dafür viel Fleisch essen sollten. Diese gelten heute als überholt. Die beste Diabetes-Diät ist eine gesunde Vollwertkost: rund 55 Prozent Kohlenhydrate, 25 bis 30 Prozent Fett und 15 bis 20 Prozent Eiweiß. Außerdem sollte die Kost reich an Ballaststoffen, Vitaminen und Mineralstoffen sein. Ein regelmäßiger Blutzuckerverlauf wird durch mehrere kleine Mahlzeiten erreicht. Quark, Käse, Wurst, Fleisch dürfen wegen des hohen Fettgehaltes nur in Maßen gegessen werden. Dafür sind alle Fleischsorten erlaubt, da sie neben dem Fett auch Eiweiß enthalten, aber nicht den Blutzucker erhöhen.

Diagnose Diabetes: Was dürfen sie trinken?

Diabetiker sollten mindestens zwei Liter pro Tag trinken: Mineralwasser, ungezuckerte Light-Limonaden, Light-Cola-Getränke, Tee, Kaffee und Leitungswasser. Gezuckerte Getränke nur bei Unterzuckerung trinken, z. B. Fruchtsäfte, da der Blutzuckerspiegel danach sehr schnell ansteigt. Bei Frucht- und Obstsäften muss der BE-Gehalt berechnet werden. Alkohol (Wein, Bier) sollte nur in Maßen getrunken werden: nicht mehr als 3 Gläser Bier (je 0,33 Liter) oder 3 Gläser Wein (je 0,2 Liter). Neben trockenem darf auch halbtrockener Wein, Sekt und normales Bier beziehungsweise Diätbier getrunken werden. Vorher jedoch den Blutzuckerspiegel bestimmen. Außerdem ist noch zu beachten, dass Alkohol den Blutzuckerspiegel zunächst einmal senkt. Deshalb immer etwas essen, bevor man Alkohol trinkt. Hochprozentiges ist aber grundsätzlich nicht gut.

Wie entsteht der Typ-2-Diabetes?

Der Diabetes mellitus Typ 2 entsteht durch die Kombination von vererbter Insulinresistenz und dem Metabolischen Syndrom, dem sogenannten Wohlstandssyndrom. Dieses ist gekennzeichnet durch Faktoren wie Überernährung mit Fettsucht, Fettstoffwechselstörungen, Bluthochdruck und häufigen hohen Harnsäurewerten.

Welche Rolle spielt die Vererbung?

Sie spielt eine große Rolle. Beobachtungen an eineiigen Zwillingen zeigten, dass ein Erkrankungsrisiko bei 90 Prozent liegt. Wer allerdings eine Insulinresistenz als Erbgut in sich trägt, erkrankt nicht automatisch an Diabetes Typ 2. Die Wahrscheinlichkeit einer Erkrankung steigt allerdings durch Fehlernährung, Übergewicht (ab einem BMI von 30 um 30 Prozent), Bewegungsmangel, Tabakkonsum und im höheren Lebensalter.

Wie verläuft die Erkrankung?

Der Beginn kann zunächst vollkommen beschwerdefrei verlaufen und sich über mehrere Jahre hinziehen (Latenz). Ein „versteckter“ Diabetes wird oft durch eine Infektion ausgelöst und entdeckt, da die Stoffwechsellage bei einer Infektion aus dem Lot gerät. Auch Medikamente wie Cortison sind als Auslöser bekannt. Wird die Erkrankung nicht behandelt, können schwerste Folgeschäden wie beispielsweise Herzinfarkt, Erblindung oder Nierenversagen auftreten.

Wie wird der Diabetes Typ 2 behandelt?

Man kann drei Grundformen in der Behandlung von Diabetes Typ 2 unterscheiden: die Basistherapie, die Behandlung mit Tabletten und die Insulintherapie. Allgemeines Ziel ist eine optimale Blutzuckereinstellung, um akute Beschwerden auszuschließen und Spätfolgen zu vermeiden.

Wann kommen Tabletten zum Einsatz?

Wenn nach etwa sechs Wochen noch keine normalen Blutzuckerwerte vorliegen. Zurzeit wird eine Kombination mit mehreren blut-zuckersenkenden Arzneimitteln favorisiert, die man in reduzierter Dosierung verabreicht.

Wann wird Insulin verordnet?

Zunächst wird versucht, das Problem mit Tabletten in den Griff zu bekommen. Konnten nach einigen Monaten keine optimalen Ergebnisse mit Tabletten erzielt werden, beginnt die Insulintherapie. Für eine rechtzeitige Therapie spricht, dass der Typ-2-Diabetes oft erst nach zehn bis 15 Jahren entdeckt wird, wenn bereits ein großer Mangel an körpereigenem Insulin besteht. Gegen eine Insulingabe spricht die damit einhergehende Gewichtszunahme. Eine Lösung des Problems sehen Diabetologen in der maßvollen Dosierung des Insulins in Kombination mit Tabletten. Für den Typ- 2-Diabetes kommt beispielsweise eine Kombitherapie mit einem über Nacht wirkenden Insulin und Tabletten am Tage in Frage. Auch eine Therapie mit zweimaliger Mischinsulingabe mit kurzer und langer Wirkdauer oder eine intensivierte Insulintherapie kommt hier durchaus zum Tragen.