Die Bedeutung vom Darm für unsere Gesundheit
Der Darm ist weitaus mehr als bloß ein Verdauungsorgan, denn er beeinflusst die Gesundheit viel stärker als bislang angenommen.
In einem Menschenleben werden rund 30 Tonnen Nahrung durch den acht Meter langen Darm transportiert. Erst dort kann der Körper sie durch verschiedene Prozesse verwerten. Über kleine Ausstülpungen, den Zotten, werden wichtige Nährstoffe resorbiert. Das geschieht im Dünndarm. Er regt die Bauchspeicheldrüse und die Gallenblase an Verdauungsenzyme zu bilden. Der restliche Nahrungsbrei wandert weiter in den Dickdarm. Dort werden ihm Wasser und Salz entzogen. Unverdauliche Nahrungsbestandteile werden erst hier verwertet und als von Darmbakterien als Energiequelle genutzt. Danach wandert alles, was der Körper nicht mehr braucht wieder heraus. Dafür braucht der Körper auch Hormone. Die hormonbildenden Zellen, die enteroendokrinen Zellen, liegen verstreut in der Darmwand und bilden zusammen 20 Hormone. Als größte Hormondrüse des Körpers koordiniert er so Stoffwechselprozesse und reguliert den Verdauungsprozess.
Das zweite Gehirn
Der Darm übernimmt viele Aufgaben, aber woher weiß er, wie er das alles erledigen soll? Das signalisiert ihm sein eigenes Nervensystem, das enterische Nervensystem (ENS). Ganz selbstständig transportiert es den Nahrungsbrei weiter vorwärts, regt die Produktion von Verdauungsenzymen an, transportiert Nährstoffe durch die Darmwand in das Blut und schützt die Darmbarriere. Mit 100 Millionen Nervenzellen und einer ähnlichen Funktionsweise wie die Neuronen im Gehirn, wird es als „zweites Gehirn“ bezeichnet. Die Nervenzellen können die gleichen Neurotransmitter freisetzen wie ihre Pendants im Gehirn. Das Darm-Nervensystem kann aber nicht denken. Dafür fehlt ihm die dreidimensionale Struktur des Hirns. Trotz seiner eigenständigen Arbeitsweise hängt ein funktionierendes Darmsystem von vielen Faktoren ab, so auch vom vegetativen Nervensystem. Denn das Gehirn und das ENS kommunizieren ganz aktiv miteinander. Ängste, Stress oder Krankheiten können daher schnell auf den Bauch schlagen und für Beschwerden sorgen.
Schmerzen im Bauch
Immer mehr Menschen plagen sich mit starken Schmerzen im Bauch herum. Das Reizdarm-Syndrom kann die Ursache sein. Es gilt als neue Volkskrankheit. Oft findet sich aber keine genaue Ursache für die Beschwerden. Wissenschaftler konnten in den letzten Jahren einige Faktoren herausfinden, die wahrscheinlich zusammen hinter Verstopfung, Bauchschmerzen oder Durchfall stecken können. Möglicherweise ist der Darm von diesen Patienten sehr empfindlich. Die Darmbewegungen sind gestört und bereits bei Luftansammlungen, die den Darm dehnen, reagiert der Körper mit Schmerzen. Andererseits können Infektionen oder psychischer Stress Beschwerden auslösen oder verschlimmern.
Neuropathien behandeln
Auch Nervenschädigungen bringen den Darm aus dem Takt. Diese sind unter Diabetikern weit verbreitet. Man nennt sie autonome Neuropathie. Mit zunehmenden Alter, häufigen Unterzuckerungen, Blutzuckerschwankungen, weiteren Schädigungen am Darmnervensystem und einer langen Diabetesdauer steigt das Risiko für Neuropathien. Die Krankheit verschlechtert die Darmbeweglichkeit und stört die Hormonproduktion. Oft werden die Symptome nicht wirklich ernst genommen. Lassen Sie sich bei Schmerzen von einem Arzt untersuchen und herausfinden, woher die Probleme stammen. Denn bei der Fülle an anderen möglichen Ursachen ist eine genaue Diagnose wichtig. So können die Beschwerden gezielt behandelt werden. Doch nicht immer liegt es am darmeigenen Nervensystem.
Der Darm und die Gesundheit
Die Gesundheit des Menschen liegt quasi im Darm. Denn hier befinden sich etwa zwei Drittel aller Immunzellen des Körpers . Sie sorgen dafür, dass gefährliche Erreger aus dem Körper geschleust werden. Unterstützt werden sie durch spezifische Mikroorganismen. Sie produzieren verschiedene Substanzen, welche die Darmwand vor Entzündungen schützt und stärken so die Abwehr. Außerdem lernt das Immunsystem von ihnen, sie zu akzeptieren und nicht zu beseitigen. Im Darm leben etwa zwei Millionen Mikroorganismen, die für eine gesunde Darmflora sorgen. Zusammen bilden sie das Darm-Mikrobiom. Es beschreibt die gesamten Organismen, die im menschlichen Darm vorkommen. In dieser großen Wohngemeinschaft leben die Kleinstlebewesen friedlich miteinander. Der Grundstein für das Darm-Mikrobiom wird bereits früh gelegt.
Muttermilch für Darmbakterien
Der Darm von Neugeborenen ähnelt anfangs einem unbebauten Grundstück. In den ersten Lebensmonaten entwickelt sich dann eine mikrobielle Wohnlandschaft im Darm. Sie wird nach neuesten Erkenntnissen in drei Phasen unterteilt: die „Entwicklungsphase“ vom 3. bis 14., „die Übergangsphase“ vom 15. bis 30. Monat und die „stabile Phase“ vom 31. bis 46. Monat. In dieser Zeit bildet sich im besten Fall eine gesunde Vielfalt an Mikroorganismen im Darm. Vier Faktoren sind dafür notwendig: eine natürliche Geburt, die Stilldauer, wo die Kinder leben und ob sie mit Hunden oder Geschwistern zusammenwohnen. Eine vaginale Geburt ist besonders wichtig, weil das Baby während der Geburt mit Darmbakterien der Mutter in Kontakt kommt und sich die Mikroorganismen im Darm ansiedeln können. Auch gestillte Babys bauen im Vergleich zu Flaschenkindern eine vielfältigere Darmflora auf.
Fettsäuren schützen
Alle Krankheiten beginnen im Darm, glaubte Hippokrates vor 250 Jahren, obwohl er damals nicht wusste, wie der Darm aufgebaut ist. Doch an seiner Behauptung ist etwas Wahres dran. Mittlerweile bestätigen immer mehr Studien, wie der Darm und seine kleinsten Bewohner die Gesundheit beeinflusst. Schließlich kann sich in der riesigen Mikroorganismen-WG entscheiden, ob jemand gesund bleibt oder krank wird. Dafür brauchen diese die richtige Nahrung, um die Darmzellen zu unterstützen. Darmbakterien zersetzen unverdauliche Nahrungsbestandteile, sogenannte Präbiotika, die im Dickdarm in kurzkettige Fettsäuren umgebaut werden.
Sie dienen den Darmzellen als Energiequelle, um daraus Immun- und Schutzprozesse anzustoßen. Diese Fettsäuren decken etwa 70 Prozent des Energiestoffwechsels der Darmzellen. Eine davon ist Butyrat. Diese Fettsäure übernimmt schützende Maßnahmen. Eine ausgewogene Vielfalt an Butyrat-bildenden Darmbakterien sorgt dafür, dass die Mikrobiom-Gemeinschaft funktioniert und resistenter gegenüber Antibiotikamedikamenten wird. Denn Antibiotika zerstören diese und andere gute Bakterien. Wissenschaftlern des Helmholtz-Zentrums für Infektionsforschung (HZI) bestätigten, dass ein Mangel an diesen Bakterienstämmen mit verschiedenen Volkskrankheiten wie Arteriosklerose, Diabetes oder Fettleibigkeit zusammenhängt.
Dick oder dünn
Abnehmen ist oft schwerer als gedacht. Woran es liegt, hängt von ganz vielen Faktoren ab. Doch auch eine gestörte Darmflora kann dick machen. Zwei Bakterienstämme spielen hier eine wichtige Rolle. In Versuchen zeigte sich, dass der Darm von schlanken Menschen von vielen Bacteroidetes-Bakterien besiedelt ist und bei übergewichtigen Menschen finden sich mehr Firmicutes-Bakterien. Diese zweite Gruppe produziert aus unverdauten Bestandteilen wie Zellulose mehr Enzyme und so mehr Energie, als ein Mensch verbraucht. Diese wird aber nicht verwertet und wandelt sich später in toxische Substanzen um. Dadurch wird die Darmbarriere geschädigt und mehr Fett eingelagert. Die Folge: Man nimmt zu.
Du bist, was du isst
Der Darm steht also in Verbindung mit zahlreichen Krankheiten. Doch wie erhalte ich eine gesunde Darmflora beziehungsweise baue sie wieder auf? Mit der richtigen Ernährung. Wer ständig verarbeitete Lebensmittel und Fleisch zu sich nimmt, tut den Mikroorganismen nichts Gutes. Die HZI-Forscher zeigten, dass eine pflanzliche Ernährung die Anzahl der Butyrat-bildenden Bakterienarten erhöht. Das Ergebnis deckt sich mit lang bekannten Ernährungsempfehlungen für einen gesunden Darm. Mit einer ballaststoffreichen, zuckerarmen Ernährung die viel Obst und Gemüse beinhaltet, wird die Artenvielfalt im Darm erhalten und verbessert. Eine Ernährungsumstellung kann sich nicht nur auf das Körpergewicht, sondern sogar auf das Denkvermögen, das Verhalten und die Stimmung auswirken. Außerdem können sich Probiotika positiv auf den Body-Mass-Index auswirken. Das sind Lebensmittel, die lebendige Mikroorganismen enthalten. Nach mehreren Wochen wirken sie und reduzieren das Gewicht, fanden kanadische Forscher heraus. Zusätzlich regulieren sie den Gallensäurehaushalt, was Entzündungen hemmt, das „böse“ LDL-Cholesterin senkt und die Fettverdauung verbessert.
Der bewegte Darm
Auch Bewegung hält den Darm gesund. Er bringt ihn in Schwung und stärkt gleichzeitig das Immunsystem. Vor allem langsame Sportarten liebt der Darm. Yoga oder Pilates ist für Anfänger und alle Sportler, die es zwischendurch etwas ruhiger angehen lassen wollen, die beste Wahl. Denn wer sich regelmäßig beim Sport auspowert, stresst das Organ und er gerät aus dem Takt. Alle Sportler sollten deshalb bewusst trainieren, Pausen einlegen und nicht bis an ihre Grenzen gehen – ihrer Darm-Gesundheit zuliebe.