Besser Messen

Kleine Hightech- Helden

Insulinpumpen ermöglichen nicht nur eine diskrete, sichere Therapie, sondern erleichtern auch den Alltag mit Diabetes. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Modelle vor, werfen einen Blick auf die neuesten Entwicklungen und geben Ihnen praktische Pumpen-Tipps.

Bestimmt haben Sie schon einmal ein Segway gesehen oder sind selbst damit gefahren. Was meinen Sie, hat dieses Einpersonentransportmittel mit einer Insulinpumpe gemeinsam? Genau, den Erfinder! Denn der Amerikaner Dean Kamen beschäftigte sich bereits während seines Studiums mit Medizintechnik. Im Fokus stand für ihn dabei, den Alltag der Menschen durch technischen Fortschritt zu erleichtern. Nachdem die erste Insulinpumpe in den frühen sechziger Jahren von Dr. Arnold Kadish noch als eine Art Rucksack entwickelt wurde, machte sich Dean Kamen daran, diese sowohl handlicher als auch für den Patienten bedienbarer zu gestalten.. Er brachte in den siebziger Jahren eine Infusionspumpe unter dem Namen „AutoSyringe“ auf den Markt. Dieses Jahrzehnt ist ein bedeutender Abschnitt in der Geschichte der Insulinpumpen, denn nach einer kurzen Phase der Insulinpumpen-Therapie in die Vene, begann Ende der siebziger Jahre die subkutane Abgabe mit recht großen und schweren Gera¨ten wie dem Mill-Hill- Infuser und eben der Auto-Syringe-6CInsulinpumpe.

Neue Chancen auch in besonderen Situationen

Wer den Weg vom ersten Prototpen bis zu den heutigen Insulinpumpen intensiver betrachtet, dem wird der Erfolg der Forschung noch deutlicher bewusst. Nicht nur hinsichtlich Größe oder Leistung hat sich viel getan, sondern auch in Bezug auf Bedienungskomfort und technischer Sicherheit ist auf die neuen Geräte heute Verlass. Auch wenn sich viele Diabetiker schon an einen gewissen technischen Standard gewöhnt haben und sich nicht mehr vorstellen können auf Pumpe, CGM und Datenübermittlung auf das eigene Smartphone zu verzichten, so gibt es auch Menschen mit Diabetes, die sich bisher noch nicht an die Pumpentherapie trauen. Im vergangenen Jahr ging es auch Verena aus Bonn noch so. Die 37-jährige Typ-1-Diabetikerin hat bisher lieber zum Pen gegriffen und ihre Werte in einem normalen Tagebuch festgehalten. Auch das Thema CGM interessierte sie nicht wirklich. „Ich war eigentlich recht zufrieden mit meinen Blutzuckerwerten, doch kurz bevor mein Mann und ich ein Kind bekommen wollten, gab es Probleme. Meine Werte schwankten und ich hatte das Gefühl, die Kontrolle zu verlieren. Gleichzeitig war ich frustriert und irgendwie auch gestresst, da ich unter keinen Umständen mit einer schlechten Einstellung schwanger werden wollte.“ Kurze Zeit später stand der Umzug in eine neue Stadt an und und Verena musste sich nun in Frankfurt einen Diabetologen suchen. Sie erinnert sich: „Ich erzählte ihm von meinen Problemen und dem Wunsch, ein Kind zu bekommen. Er schlug mir vor, es mit einer Pumpentherapie zu versuchen. Zuerst weigerte ich mich, aber dann sah ich das Ganze als Chance – für mich und meine Familie.“

Den Wechsel wagen und Ziele erreichen

Seit elf Monaten trägt Verena nun eine Pumpe und lächelt nur noch über ihre frühere Angst vor einer anderen Therapie: „Es hat ein bisschen gedauert, bis sich meine Werte wieder eingependelt haben, aber die Pumpe ermöglicht eine viel feinere Einstellung und ich habe das Gefühl, freier zu sein. Vor einem Jahr dachte ich noch, dass es eher eine Last sei, ständig ein Gerät am Körper zu tragen oder Katheter zu wechseln. Außerdem hatte ich Angst vor technischen Problemen. Heute will ich meine kleine Pumpe nicht mehr abgeben.“ Mithilfe ihres Diabetologen schaffte Verena es, sowohl die Anzahl der Unterzuckerungen, als auch Blutzuckerschwankungen in die andere Richtung deutlich zu minimieren. Doch das ist noch nicht alles, denn ein halbes Jahr nach Beginn der Insulinpumpen- Therapie wurde Verena schwanger und der ganze Frust hat sich in Glück umgewandelt: „Ich würde meinem Diabetologen am liebsten jeden Tag dafür danken, dass er mich behutsam an diese neue Therapieform herangeführt hat und mich so gut unterstützt“, sagt sie und betont lächelnd: „Technik ist immer das eine, aber die menschliche Komponente darf dabei nicht unterschätzt werden.

Mehr Sicherheit und präzise Therapie

Die Weiterentwicklung der Insulinpumen hat dazu geführt, dass heute eine sehr hohe Therapiesicherheit erreicht wird, unter der mögliche Komplikationen wie Hypo- oder Hyperglykämien, und damit auch die Gefahr eines diabetischen Komas, minimiert werden können. Die kleinen Hightech-Helfer ermöglichen eine kontinuierliche Bereitstellung von schnellwirkendem Insulin. Der individuelle menschliche Grundbedarf an Insulin wird bei einer Pumpentherapie durch die in kurzen Intervallen programmierbare Basalrate gedeckt. Dieses Verfahren ähnelt der körpereigenen Insulinproduktion, wodurch die basale Insulinversorgung optimiert und eine präzisere Therapieführung oder – anpassung ermöglicht wird. Eine gut eingestellte Basalrate schafft neue Freiheiten. Beispielsweise können Mahlzeiten zeitlich flexibel eingenommen oder ausgelassen werden, beispielsweise im Urlaub oder beim Ausschlafen am Wochenende. Auch hinsichtlich der Bolusgaben erleichtert eine Insulinpumpe den Alltag. Beispielsweise kann bei sehr fettreichem Essen oder langen Mahlzeiten (Buffet, Grillen) das Insulin entweder sofort oder über einen bestimmten Zeitraum verzögert abgegeben werden. Dabei kann eine einzelne Dosis auch gesplittet werden. Verena schildert ihre persönlichen Erfahrungen: „Als ich noch mit dem Pen gespritzt habe, hatte ich oft Probleme, wenn ich Pizza gegessen habe. Meine Blutzuckerwerte waren die ganze Nacht schlecht, oft sogar bis in den Morgen hinein. Entweder sind sie stark angestiegen oder in den Keller gerast und anschließend schwer zu korrigieren gewesen.“

Heute gibt es keine Pizza-Probleme mehr, denn Verena teilt nach Berechnung der Mahlzeit die benötigte Insulinmenge auf: „Einen Teil des Insulins gebe ich sofort über die Pumpe ab und für den Rest nutze ich die Möglichkeit, einen verzögerten Bolus einzustellen. Das funktioniert übrigens nicht nur bei Pizza super“, freut sich die Typ-1-Diabetikerin.“

So gelingt der Start mit Pumpe

Kennen Sie das Gefühl, dass Ihr Diabetes macht, was er will? Dass Sie nach Erklärungen für Blutzuckerschwankungen suchen, oder sich nicht erklären können, warum Ihr HbA1c-Wert trotz Bemühungen nicht sinkt? Zunächst einmal sollten Sie sich bewusst machen, dass sich Diabetes nicht in zwei Sätzen erklären lässt, denn die Vorgänge im menschlichen Körper sind komplex. Diverse Faktoren wirken sich auf den Blutzuckerspiegel, den Insulinbedarf und die Insulinempfindlichkeit aus. Um den Ursachen wirklich auf den Grund zu gehen und die Therapieziele zu erreichen, ist nicht nur eine gewisse Disziplin wichtig, sondern auch Wissen. Ein Einblick in die Biochemie des Körpers kann zu echten Aha- Momenten führen, denn plötzlich sind sie da, die gesuchten Erklärungen.

Eine Insulinpumpen-Therapie startet mit einem strukturierten Schulungsprogramm. In dieser Zeit lernen Sie nicht nur den technischen Umgang mit der Pumpe, wie die Bedienung, das Wechseln des Infusionssets oder der Ampulle, sondern Sie werden auch bei der Ersteinstellung begleitet. Ein Ziel ist hier, die passende Basalrate und die BE-Faktoren zu bestimmen. Die täglich benötigte Gesamtmenge an Insulin ist dabei unter anderem von Faktoren wie dem Alter und Geschlecht des Patienten, der körperlichen Aktivität im Alltag und seiner Insulinempfindlichkeit abhängig. Das Basalratenprofil ändert sich zudem im Laufe des Lebens. Eine Schulung ist sowohl ambulant als auch stationär möglich. Ein stationärer Aufenthalt hat den Vorteil, dass der geregelte, gleichmäßige Tagesablauf, sowie die engmaschige Betreuung die Therapiefindung erleichtern, wohingegen bei einer ambulanten Schulung der gewohnte Lebensrhythmus beibehalten werden kann.

Ohne Genehmigung geht es nicht

Leider gibt es die Insulinpumpe nicht einfach zum Mitnehmen in der Apotheke. Eine Insulinpumpen-Therapie ist keine Wahlleistung, deshalb ist sowohl bei gesetzlich Versicherten als auch bei Privatpatienten vorab eine Genehmigung durch die Krankenkasse erforderlich. Eine erste Voraussetzung für die Genehmigung ist das Vorliegen einer Indikation für die Insulinpumpen-Therapie. Dazu erstellt der Arzt ein diabetologisch-fachärztliches Gutachten. Dieses beinhaltet Angaben zum HbA1c, den Therapiezielen und zur Häufigkeit von Unterzuckerungen mit Fremdhilfe. Außerdem sind eine Kopie des Gesundheitspasses und Blutzuckertagebücher der letzten drei Monate unter der intensivierten Therapie (ICT) erforderlich. Doch selbst wenn die neue Therapie begonnen hat, wird die Insulinpumpe zunächst nur für eine mehrmonatige Erprobungsphase genehmigt. Ob sie dann weitergeführt werden darf, entscheidet der MDK nach Vorlage der Blutzuckertagebücher der vergangenen drei Monate. In der zweiten Stufe erfolgt eine dauerhafte Genehmigung. Dazu ist allerdings nachzuweisen, dass die Probephase der Insulinpumpen-Therapie zu einer Verbesserung der Blutzuckereinstellung geführt hat.