Alternativ reisen mit Diabetes
Die Welt entdecken, unbekannte Pfade gehen, andersartige Natur und
neue Kulturen erleben und dabei nicht schon vorher zu wissen, wie und wo der Tag endet — von so einem Urlaub träumen viele Menschen. Alternativ reisen ist auch mit Diabetes möglich, wenn die Planung stimmt.
Ein Mensch mit Diabetes — vor allem wenn insulinpflichtig — konnte noch vor nicht allzu langer Zeit nur davon träumen, alternativ zu reisen. Doch dieser Traum kann mittlerweile durch neue Technologie und das Befolgen einiger Tipps und Regeln wahr werden. Pauschalreisen, fertige geplante und geführte Gruppentouren sowie Kreuzfahrten sind Urlaubstypen, die den meisten bekannt sind. Auch in fernen Ländern gibt es in den meisten Mittelklassehotels eine westliche und in ihrer Kohlenhydratverteilung gut einschätzbare Speisenauswahl.
Hier fällt es relativ leicht die Medikament- und Insulindosierung sowie Pumpeneinstellung anzupassen, wenn auch mehr Vorsicht geboten ist: Klimaveränderungen, Jetlag und Sonneneinstrahlung sind allesamt Faktoren, die den Insulinbedarf beeinflussen können. Daher sollten Sie in jedem Urlaub stets vermehrt Ihren Blutzucker kontrollieren.
Wenn Sie sehr weit gereist sind und eine große Zeitverschiebung vorliegt, dosieren Sie Ihr Insulin sehr vorsichtig und stellen Sie sich gegebenenfalls einen Wecker für die erste Nacht, um den Wert einmal zu kontrollieren. Es kann nämlich, auch wenn Sie zu den Diabetikern gehören, die durch Unterzuckerungen aufwachen, passieren, dass ein Jetlag Sie so schlaucht, dass die Alarmsignale Ihres Körpers zum Aufwecken nicht ausreichen. Lassen Sie daher besser Vorsicht als Nachsicht walten. Ein weiterer Vorteil einer pauschal gebuchten Reise ist, dass in den meisten Fällen eine Minibar, in der man sein Insulin lagern kann, zur Verfügung steht.
Alternativ reisen mit Diabetes – die Reiseplanung
Das Wichtigste — für insulinpflichtige Menschen mit Diabetes — vorweg: Bei Reisen in warme Regionen muss zunächst einmal die Kühlung des Insulins gewährleistet sein. Die mehrtägige Kühlung des Insulins ohne Kühlschrank war früher oft eines der größten Hindernisse für einen alternativen Urlaubstrip. Man setzte auf Kühlakkus in Kühltaschen, die wenn überhaupt einen Tag lang die Kühlung hielten. Das reicht für die An- und Abreise, jedoch nicht für einen längeren Trip. Heute gibt es weitaus innovativere und länger anhaltende Lösungen zur Kühlung des Insulins auf Reisen — ohne, dass Sie einen Kühlschrank benötigen.
Die Firma Frio beispielsweise nutzt ein System mit kleinen Gelkügelchen, die in eine Tasche mit Kammersystem eingearbeitet sind. Dieses Täschchen legt man für etwa zehn Minuten in kaltes (nicht eiskaltes) Wasser. In dieser Zeit saugen sich die Kügelchen voll. Man lässt sie kurz abtropfen und kann dann den Insulinvorrat in das Täschchen legen. Ein trockenes Außentäschchen sorgt für weiteren Schutz. So kann laut Hersteller sowie Erfahrungsberichten von Nutzern das Insulin selbst bei einer Außentemperatur von 38 Grad Celsius 45 Stunden ausreichend kühl gehalten werden. Das Praktische: Die Auffrischung des Kühlschutzes durch das kurze Einlegen ins Wasser geht schnell und ist fast überall möglich. Wenn es nicht so heiß ist, hält die Kühlung außerdem länger. Eine alternative Reiseplanung vom wilden Campen bis hin zu mehrtägigen Wander- und Tropentrips wird durch diese Möglichkeiten für Diabetiker entscheidend leichter.
Die doppelte Menge an Medikamenten
Die meisten Menschen mit Diabetes kennen den Rat, die doppelte Menge des Medikamentenbedarfs für den Reisezeitraum mitzunehmen. Daran sollte man sich halten. Nehmen Sie außerdem Ersatzpens, ein extra Blutzuckermessgerät und Ersatzbatterien dafür mit. Die Aufteilung auf verschiedene Taschen je nach Gepäckmenge ist eine weitere Sicherheitsmaßnahme, falls doch mal etwas verloren geht oder geklaut wird. Wichtig bei Flugreisen: den Insulinvorrat immer in Gänze ins Handgepäck und nicht aufgeben!
Maria, 25, hat in den Jahren 2011 und 2012 eine Weltreise gemacht. Trotz Diabetes-Typ-1 war sie fast ein Jahr lang unterwegs und hatte Medikamente für zwei Jahre im Gepäck. Mit gefüllten Frio-Taschen und allen weiteren Utensilien wog ihre Diabetes-Handgepäcktasche etwa acht Kilo. Das ist nicht wenig und bei vielen Airlines bereits die Maximalmenge für Handgepäck. In den meisten Fällen hatte Maria Glück: mit einer Bescheinigung über den Diabetes und den Medikamentenbedarf sowie mit erklärenden Worten beim Check-in durfte sie bei fast allen Flügen ohne Extrakosten etwas mehr Handgepäck mitnehmen. In nur einem Fall musste sie draufzahlen. Fragen lohnt sich also, insbesondere wenn Sie einen langen Trip mit vielen Flügen planen und entsprechend viele Medikamente dabei haben.
Vorgefertigte mehrsprachige Heftchen zum Ankreuzen des Medikamentenbedarfs liegen Diabetologen vor. Fragen Sie danach und Ihr Arzt wird Ihnen alles Benötigte ausfüllen. Eine solche Bescheinigung sollten Sie bei jeder Reise mit sich führen. Überhaupt gilt: Vor jeder längeren Reise steht ein Besuch beim Arzt an — lassen Sie sich durchchecken und grünes Licht geben.
Achtung bei der Reisekrankenversicherung
Probleme, die im Kontext einer bestehenden Erkrankung entstehen, sind nicht abgedeckt! Anders ist es, wenn ein bescheinigter gut eingestellter Diabetes wider Erwarten zu Problemen führt. Einige Versicherer erkennen dies als Versicherungsfall an. Lassen Sie sich mit der Fachabteilung verbinden und fragen Sie vorher nach.
Diabetes-Menüs im Flieger
Viele Airlines bieten auf Langstreckenflügen spezielle Gerichte an. Dies muss meist bereits bei der Flugbuchung mit angegeben werden. Ob diese Angebote immer auch sinnvoll sind, sollten Sie im Hinblick auf Ihre favorisierte Kostform entscheiden, denn die Diabetes-Menüs sind oft sehr kohlenhydratreich. Je nach Diät profitiert man daher womöglich nicht von diesen Menüs. Fragen Sie bei der Airline vorab nach, wo die Unterschiede liegen und entscheiden Sie individuell.
Mit Diabetes zu Gastbei Fremden?
Kein Problem — gehen Sie offen damit um. Natürlich möchten Sie Ihren Gastgeber am ersten Abend nicht enttäuschen, indem Sie sein Essen nicht anrühren. Es macht aber nichts aus zu fragen und zu erklären. Gerade bei selbst zubereiteten Speisen wird Ihr Host Ihnen ziemlich genau sagen können, was er verwendet hat. So können Sie Ihre Insulin- und Medikamentenmenge gut anpassen.
Noch ein Tipp: Das Wissen um Diabetes ist nicht in jedem Land gleich. Viele Menschen denken immer noch, Diabetes bedeutet ein totales Zuckerverbot. Räumen Sie mit dem Irrglauben auf, sonst könnte Ihnen ein leckeres lokales Dessert entgehen. Nehmen Sie Ihrem Host außerdem die Angst, dass Sie in akuter Gesundheitsgefahr schweben. Nichts ist hier hilfreicher als Offenheit und Aufklärung. Sollten Sie Insulin für gewöhnlich am Tisch gleich zum Essen spritzen, empfiehlt es sich, den Gastgeber zu fragen, ob ihn das stört oder aber Sie gehen vorsichtshalber dafür von vornherein ins Bad. Nicht jede Gesellschaft und nicht jeder Mensch hat hier eine gleiche Toleranzschwelle auch wenn Sie bei einem Couchsurfing-Host meist sehr viel Toleranz erwarten können.
Viel Spaß bei Ihrer Reise — ob auf Sofas, im Hostel oder doch im Hotel — mit dem Beherzigen dieser Tipps und einem sicheren Blick auf sich selbst, können auch mit Ihrem Diabetes alternativ reisen.