Bessere Gesundheit

Botschafter des Körpers

Als Botenstoffe beeinflussen Hormone in vielfältiger Weise Stoffwechselvorgänge des menschlichen Körpers. Dabei machen sie auch vor dem Blutzuckerspiegel nicht halt. Gleichzeitig sind sie echte Kommunikationsprofis und sorgen dafür, dass Organe und Zellen miteinander agieren.

Jeden Tag produziert unser Körper rund 50 verschiedene Hormone, die für unterschiedliche Körperfunktionen zuständig sind und Einfluss auf den Stoffwechsel haben. Unter anderem werden sie in Hormondrüsen gebildet. Diese können Hormone in das Blut oder die unmittelbare Umgebung abgeben. So können Hormone unabhängig von ihrem Produktionsort ihr Ziel im Körper erreichen. Neben der Bauchspeicheldrüse, der Schilddrüse und den Nebennieren gehören die Eierstöcke und die Hoden zu den wichtigen Hormondrüsen. Außerdem werden Hormone auch im Gehirn gebildet. Von dort aus steuern sie die Hormonproduktion in anderen Drüsen, indem sie diese anregen oder bremsen. Vom Immunsystem, dem Knochenaufbau und dem Hautbild, über die Leistungsfähigkeit bis hin zur Konzentration und zum seelischen Wohlbefinden – Hormone steuern zahlreiche Prozesse und beeinflussen Körper und Psyche. Als Botenstoffe wirken sie bereits in sehr kleinen Mengen.

Schlüssel-Schloß-Prinzip
Im gesunden Körper halten Hormone die diversen Funktionen durch Ausschüttung und Gegenregulation in einem feinen Gleichgewicht. Wie schwer dieses ausgeklügelte System von außen zu steuern ist, merken Menschen mit Autoimmunerkrankungen wie Diabetes oder Schilddrüsenerkrankungen immer wieder. Wenn es um eine stabile Einstellung des Blutzuckers geht, sind bei Nicht-Diabetikern neben dem Insulin und den Stresshormonen auch andere Hormone beteiligt. In dem bestens aufeinander abgestimmten hormonellen Zusammenspiel können jedoch bereits kleine Unregelmäßigkeiten den Stoffwechsel aus dem Gleichgewicht bringen. Generell wirken Hormone auf die Zellen des Zielorgans. Dabei funktionieren sie nach dem Schlüssel-Schloss-Prinzip. Sie docken an den Rezeptor der Empfängerzelle an, um diese sozusagen aufzuschließen. Es können nur bestimmte Hormone an die Zelle andocken und die jeweilige Wirkung hervorrufen. Dazu müssen also immer die passenden Rezeptoren vorhanden sein. Insulin sorgt zum Beispiel dafür, dass Glukose aus dem Blut in die Zellen aufgenommen werden kann. Dort wird sie zur Energiegewinnung benötigt. Damit sinkt der Blutzuckerspiegel. Ist die Insulinwirkung herabgesetzt, sammelt sich die Glukose regelrecht im Blut an und es kommt zu hohen Blutzuckerwerten bis hin zu einer völligen Entgleisung des Stoffwechsels.

Stressbedingter Anstieg Im Job jagt ein Termin den anderen und auch zu Hause warten unerledigte Aufgaben: Der Stresspegel ist dauerhaft auf einem hohen Niveau und es fehlt der Ausgleich. Der Körper ist nicht nur mental, sondern auch physisch angespannt und schüttet vermehrt die Stresshormone Kortisol, Adrenalin und Noradrenalin aus. Kein Wunder, dass der Blutzuckerspiegel unter solchen Bedingungen erhöht ist und sich nur noch schwer wieder in den Normbereich bringen lässt. Häufig kommt es auch zu Blutzuckerschwankungen wenn zu extrem gegengesteuert wird. Stresshormone fördern eine Insulinresistenz und regen die Neubildung von Glukose an. Hormone sind auch an nächtlichen Unterzuckerungen nicht ganz unbeteiligt: Zum Abend hin sinkt der Kortisolspiegel. Dadurch wird weniger Insulin benötigt. Bei einer zu starken Korrektur am Abend, bei später beziehungsweise intensiver sportlicher Belastung sowie bei Alkoholkonsum sind schwere Unterzuckerungen möglich. Doch schon in den Morgenstunden erreichen die Hormone Adrenalin und Glukagon ihre höchste Konzentration. Dann kommt es bei vielen Menschen mit Diabetes zu dem sogenannten Dawn-Phänomen und einem starken Blutzuckeranstieg.

Was es damit auf sich hat und wie die einzelnen Hormone wirken erklären wir Ihnen in unserer Übersicht:

1. Insulin

Insulin ist nicht nur ein lebenswichtiges Hormon für den Stoffwechsel des menschlichen Körpers, sondern auch das einzige Hormon, dass in der Lage ist, den Blutzuckerspiegel zu lenken. Auch hier gilt das Schlüssel-Schloß-Prinzip: Insulin schließt sozusagen die Zellen auf, so dass Glukose aus dem Blut in diese hineingelangen kann. In der Zelle wird die Glukose zur Energiegewinnung benötigt. Zudem ist das Peptidhormon Insulin der natürliche Gegenspieler des Hormons Glukagon. Wenn man sich anschaut, wie viele Hormone den Blutzuckerspiegel beeinflussen wird deutlich, welche Rolle dem Insulin als Botenstoff zukommt. Gebildet wird es in den Betazellen, den in der Bauchspeicheldrüse gelegenen hormonproduzierenden Langerhans-Inseln.

Nicht nur nach Mahlzeiten, sondern auch im nüchternen Zustand und bei längerem Fasten muss stets eine Mindestmenge an Glukose im Blut vorhanden sein, um die lebensnotwendigen Zellfunktionen sowie die Energieversorgung des Gehirns sicherzustellen. Aus diesem Grund verfügt der Körper nicht nur über Insulin, sondern eben auch über Gegenspieler, die den Blutzuckerspiegel wieder ansteigen lassen und so eine Unterzuckerung vermeiden. Bei Menschen mit Diabetes sind diese Regulationsmechanismen gestört. Bei einem Typ-1-Diabetes ist das Spritzen von Insulin über einen Pen oder die Versorgung durch eine Insulinpumpe unumgänglich.

2. Glukagon

Als bedeutendster Gegenspieler des Insulins sorgt das Hormon Glukagon dafür, dass Zucker aus der Leber freigesetzt wird. Genau genommen bewirkt es in der Leber eine Freisetzung der Glukose aus der Speicherform Glykogen. Glukagon wird in den Alphazellen der Langerhans-Inseln gebildet. Fällt bei Nicht-Diabetikern der Blutzucker ab, wird das Hormon aus der Bauchspeicheldrüse in die Blutbahn abgegeben und bewirkt so einen kurzfristigen Anstieg des Blutzuckerspiegels. Menschen mit Typ-1-Diabetes kennen das Glukagon-Notfall-Set: Im Falle einer schweren Unterzuckerung kann Glukagon unter die Haut injiziert werden und so gegen die Hypoglykämie helfen. In dem Set ist die genaue Anwendung einfach beschrieben, so dass im Falle einer Bewusstlosigkeit ein Helfer auch ohne Beisein eines Arztes die Injektion durchführen kann. Es sollte darauf geachtet werden, dass das Glukagon-Notfall-Set noch ein gültiges Haltbarkeitsdatum hat und entsprechend kühl gelagert wird.

3. Kortisol
Dieses Hormon wird unter dem Einfluss der Hirnanhangsdrüse (Hypophyse) in der Nebennierenrinde gebildet und gehört zu der Gruppe der Steroidhormone. Es wird auch als Stresshormon bezeichnet, spielt in zahlreichen Stoffwechselvorgängen eine bedeutende Rolle und beeinflusst zudem das Immunsystem indem es die Immunantwort und Entzündungsreaktionen unterdrückt. Kortisol kann nicht nur eine verstärkte Neubildung von Zucker bewirken, sondern auch einen Abbau von Eiweißen. Daher kann ein langfristig erhöhter Kortisolspiegel unter anderem zu einem krankhaft erhöhten Blutzucker sowie zu einer Muskelschwäche führen. Die Ausschüttung von Kortisol schwankt je nach Tageszeit. In den frühen Morgenstunden findet ein starker Anstieg statt, während der Kortisolspiegel um Mitternacht in der Regel eher niedrig ist.

Kortisol gilt als wichtigstes Stresshormon des Körpers. In akuten Belastungssituationen wird es sehr schnell in die Blutbahn ausgeschüttet. Dort regt es den Stoffwechsel an, wirkt stark entzündungshemmend und erhöht die Bereitstellung von Glukose im Blut. Neben Glukagon, Adrenalin sowie dem Wachstumshormon ist es auch ein bedeutender hormoneller Gegenspieler des Isnulins. Da Kortisol die Bereitstellung der Glukose aus der Leber durch den Abbau der Zuckerspeicherform und die Neubildung von Glukose fördert, kann es den Blutzuckerspiegel langfristig erhöhen. Ein Grund, warum sich Stress auf den Blutzuckerspiegel auswirkt. Gleichzeitig schwächt Kortisol die Wirkung des Insulins in den Zellen und fördert eine Insulinresistenz.

Bei fieberhaften Erkrankungen, schweren Infekten aber auch bei anderen intensiven Stresssituationen ist der Kortisolspiegel längerfristig erhöht und der Blutzuckerspiegel gerät aus dem Gleichgewicht. Das macht bei Typ-1-Diabetikern eine Erhöhung der Insulindosis nötig. Nicht außer Acht gelassen werden darf jedoch, dass Kortison als Medikament eine therapeutische Wirkung hat – Menschen mit Diabetes müssen in diesem Fall jedoch die Wechselwirkungen abwägen beziehungsweise sie in Bezug auf die Therapieanpassung beachten.

4. Adrenalin und Noradrenalin

Auch Adrenalin und Noradrenalin zählen zu den Stresshormonen und Neurotransmittern, die blutzuckersteigernd wirken. Gebildet werden sie im Nebennierenmark sowie in Nervenzellen. Sie beeinflussen verschiedene Teile des Körpers und das zentrale Nervensystem. Zum Beispiel werden diese Hormone bei Angst- oder Fluchtreizen ausgeschüttet. Adrenalin und Noradrenalin fördern die Umwandlung von Speicherzucker in Glukose und hemmen gleichzeitig die Insulinfreisetzung. Bei schweren Unterzuckerungen im Rahmen einer Hypoglykämie-Gegenregulation spielt die Freisetzung des Adrenalins als Schutzmechanismus jedoch auch eine bedeutende Rolle. Bei einem Blutzuckerabfall unter 60 bis 80 mg/dl (3,3 bis 4,4 mmol/l) kommt es zunächst zu einer vollständigen Unterdrückung der körpereigenen Insulinsekretion. Dazu steigt der Glukagonspiegel rasch an. Fällt der Blutzuckerspiegel weiter ab, schaltet der Körper die nächste Warnstufe ein und reagiert mit einer Freisetzung der Stresshormone Adrenalin und Noradrenalin. Typische Symptome sind dann Zittern, Schwitzen oder Herzrasen.

 

5. Wachstumshormon

Gebildet wird das Wachstumshormon in der Hirnanhangsdrüse, genauer gesagt in Zellen des Hypophysenvorderlappens. Medizinisch wird es auch als Somatotropin oder GH (englischen: Growth Hormone) bezeichnet. Das Wachstumshormon wird vor allem nachts stoßweise ins Blut abgegeben. Dabei wird die Sekretion von einer anderen Region des Gehirns, dem Hypothalamus gesteuert. Das geschieht über zwei weitere Hormone. Somatoliberin sorgt dafür, dass die Hypophyse vermehrt Wachstumshormon ausschüttet, während Somatostatin die Ausschüttung drosselt. Das Wachstumshormon ist nicht nur wesentlich für das Größenwachstum in der Kindheit, sondern es spielt auch bei Erwachsenen eine entscheidende Rolle in Bezug auf den Stoffwechsel und Wachstumsprozesse. Es bewirkt den Aufbau von Proteinen und Muskelmasse und fördert den Abbau von Körperfett. Allerdings lässt es auch den Blutzuckerspiegel ansteigen, indem es die Insulinempfindlichkeit der Zellen vermindert.

Das Dawn-Phänomen, also der Anstieg der Blutzuckerwerte in den frühen Morgenstunden hängt nicht nur mit dem Stresshormon Kortisol, sondern auch mit dem in der Nacht gebildeten Wachstumshormon zusammen. Der menschliche Körper produziert zu dieser Zeit weniger Insulin und mehr Glukagon. Auch während der Pubertät kommt es häufig zu steigenden Blutzuckerwerten und einem erhöhten Insulinbedarf, da der Wachstumshormonspiegel stark ansteigt. 

6. Schilddrüsenhormone

Auch Schilddrüsenhormone können den Blutzuckerspiegel aus dem Gleichgewicht bringen. Sie kontrollieren zahlreiche Stoffwechselvorgänge, fördern die Aufnahme von Glukose, den Sauerstoffverbrauch und den Cholesterinabbau, sowie die Wärmeproduktion. Gleichzeitig beeinflussen sie die Muskelfunktion, den Herzschlag und den Blutdruck sowie die Entwicklung des zentralen Nervensystems, der Genitalorgane und des Knochenskeletts. Sie hemmen hingegen die Speicherung von Kohlenhydraten und die Bildung von Proteinen. Eine Funktionsstörung der Schilddrüse kann den Zuckerstoffwechsel erheblich beeinflussen. Beispielsweise hemmen Schilddrüsenhormone im Fall einer Schilddrüsenüberfunktion die Insulinausschüttung, verstärken die Insulinresistenz und wirken so blutzuckersteigernd.