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Grundwissen Insulin Von normal bis analog

Insulin ist ein lebenswichtiges Hormon, auf das jeder Mensch angewiesen ist. Für Diabetiker können Injektionen mit Insulin lebensrettend sein. Die einzelnen Präparate unterscheiden sich dabei insbesondere in ihrer Wirkdauer und in ihrem Wirkungseintritt. Wir stellen Ihnen die wichtigsten Insulinarten vor

Ohne Insulin würden die Zellen unseres Körpers regelrecht verhungern. Das Hormon dient vor allem dazu, Glukose aus dem Blut in die Zellen weiter zu schleusen, in denen Zuckermoleküle zur Energiegewinnung benötigt werden. Bei Menschen mit Diabetes ist dieser Vorgang gestört, weshalb viele Patienten auf eine Behandlung mit Insulin angewiesen sind, um die Blutzuckerwerte stabil zu halten. Die Injektion kann dabei über einen Pen oder eine Insulinpumpe erfolgen. Noch bis vor etwa 20 Jahren stammte Insulin meist aus Rinder- oder Schweinebauchspeicheldrüsen. Mit dem gentechnisch hergestellten menschlichen Insulin (erstmals 1978 bei Gentech) gelang ein Durchbruch und die Tierprodukte wurden mehr und mehr abgelöst. Wurde Insulin 1982 erstmals synthetisch durch genetisch veränderte Bakterien in großen Mengen hergestellt, so übernehmen inzwischen auch Hefepilze diese Aufgabe. Humaninsuline waren bis zur Einführung der Analoginsuline im Jahr 1996 die am meisten verwendeten Präparate.

Wirkungseintritt und Wirkdauer

Damit Insulin wirken kann, muss es in die Blutbahn gelangen und so zu Körperzellen wie Fett-, Muskeloder Leberzellen transportiert werden. Aufgrund der üblichen Injekti- on in das Unterhautfettgewebe setzt die blutzuckersenkende Wirkung langsamer ein, da das Insulin erst von dort in das Blut aufgenommen werden muss. Die momentan zur Verfügung stehenden Insuline unterscheiden sich vor allem in ihrem Wirkungseintritt und der Wirkdauer. Für Menschen mit Diabetes ist es wichtig, den Wirkungsablauf des verwendeten Insulins zu kennen, um die Therapie zu optimieren. Die Wirkungsweise bei Humaninsulinen hängt von der jeweiligen Dosis ab. Je höher die Dosis, desto länger wirkt das Insulin und desto stärker ist das Wirkungsmaximum ausgeprägt. Anders sieht es bei Kurzzeit-Analoginsulinen aus. Sie weisen diese Abhängigkeit nur minimal oder gar nicht auf. Insuline enthalten zudem bestimmte Hilfsstoffe wie Puffersubstanzen oder Desinfektionsmittel. Diese können in seltenen Fällen Unverträglichkeitsreaktionen auslösen. In sogenanntem Verzögerungsinsulin ist eine zusätzliche Verzögerungssubstanz enthalten.

Lagerung und Transport

Ungenauigkeiten und Fehler im Umgang mit Insulin können unerwartete Blutzuckerschwankungen zur Folge haben. Um dem vorzubeugen sollten bei der Aufbewahrung, der Lagerung und dem Transport bestimmte Regeln beachtet werden. Ampullen, die gerade benutzt werden, können bis zu sechs Wochen bei Raumtemperatur aufbewahrt werden. Sie müssen allerdings vor äußeren Einflüssen wie Sonnenlicht, Kälte oder Heizungsluft geschützt werden. Zudem sollten extreme Temperaturschwankungen vermieden werden. Der Insulinvorrat sollte gekühlt im Kühlschrank oder einem kalten Kellerraum aufbewahrt werden. Jedoch darf Insulin nicht einfrieren. Einmal gefrorene Ampullen müssen entsorgt werden. Beim Skilaufen oder im Winter sollte das Insulin gut geschützt am Körper getragen werden. Das gilt für Pens wie für Insulinpumpen. Bei Flugreisen gehört das Insulin ins Handgepäck und nicht in den Frachtraum, in dem niedrige Temperaturen entstehen können. Im Auto sollte Insulin vor Hitze geschützt werden. Es gehört also weder ins Handschuhfach, noch direkt unter die Kofferraumhaube. Vor der Verwendung sollten die Ampullen stets überprüft werden: Sind Schäden vorhanden oder zeigt normalerweise klares Insulin Trübungen, dann muss die Ampulle entsorgt werden.

Welche Insuline stehen zur Verfügung?

Humane Normalinsuline

Die blutzuckersenkende Wirkung von Normalinsulin, auch Altinsulin genannt, setzt erst nach etwa 30 bis 150 Minuten ein. Die Wirkdauer ist dabei von der Dosis abhängig. Kleinere Mengen wirken kürzer, als größere. Sie reicht allerdings nicht aus, um den basalen Insulinbedarf eines Menschen abzudecken, der unabhängig vom Essen über den ganzen Tag benötigt wird. Zu den heute verfügbaren Normalinsulinen zählen zum Beispiel Actrapid HM (Novo Nordisk), Berlinsulin H Normal (Berlin-Chemie), Insuman Rapid und Insuman Infusat (Sanofi) oder Huminsulin Normal (Lilly).

Humane Verzögerungsinsuline

Verzögerungsinsuline, denen meist eine Verzögerungssubstanz zugemischt worden ist, haben eine längere Wirkdauer und können als Basalinsuline eingesetzt werden. Gerade beim Dawn-Phänomen, dem Blutzuckeranstieg in den frühen Morgenstunden, waren viele Jahre zinkverzögerte Insuline die erste Wahl. Die Verbindung von Insulinmolekülen mit Zinkionen führt zu einer Wirkdauer von 12 bis 36 Stunden. Diese kristallinen Suspensionen werden allerdings sehr unterschiedlich vom menschlichen Körper aufgenommen, so dass die Behandlung oft keine ausreichende Sicherheit gewährleistet. Studien zeigten zudem, dass sich die lange Wirkdauer negativ auf die Flexibilität des Patienten auswirken kann und besonders nach sportlicher Aktivität, so wie in der Nacht häufiger Unterzuckerungen auftreten. Zinkverzögerte Insuline wie Semilente sind mittlerweile nicht mehr auf dem deutschen Markt erhältlich.

Zu den Standardinsulinen zur Abdeckung des nahrungsunabhängigen Grundbedarfs an Insulin zählen heute die sogenannten NPHInsuline (Neutral Protamin Hagedorn- Insulin). Sie weisen eine mittellange Wirkdauer auf und entstehen durch die Verbindung von Insulin mit der Verzögerungssubstanz Protamin. Der Wirkeintritt beginnt etwa zwei Stunden nach der Injektion und die maximale Wirkung wird nach ungefähr vier bis sechs Stunden erreicht, wobei die Wirkdauer acht bis 12 Stunden beträgt. Da es sich nicht um eine Lösung, sondern eine Suspension handelt, sind diese Insuline trübe und müssen vor der Injektion mehrfach geschwenkt (nicht geschüttelt) werden. So ergibt sich eine gleichmäßige Verteilung der Insulinmoleküle. Zu den NPH-Insulinen gehören zum Beispiel Protaphane HM (Novo Nordisk), Berlinsulin H Basal (Berlin-Chemie), Insuman Basal (Sanofi) oder Huminsulin Basal (Lilly).

NPH-Kombinationsinsuline

Dabei handelt es sich um Mischinsuline aus NPH-Insulinen und Normalinsulin. NPH-Kombinationsinsuline können selbst gemischt oder in vorgegebenen Mischungsverhältnissen bezogen werden.

Kurzzeit- Analoginsuline

Insulinanaloga sind ähneln vom Aufbau her dem Humaninsulin („analog“ ist griechisch und bedeutet „gleichwertig“, „ähnlich“). Durch die Veränderung bestimmter Aminosäuren wirken Analoginsuline schneller in der Zelle und erleichtern die Therapieanpassung an die BESSER MESSEN – Insuline Lebens- und Essgewohnheiten des Patienten. Somit lassen sich die Insulinspiegel besser an die natürliche Insulinsekretion anpassen. Auch die Wirkung klingt im Vergleich zum Humaninsulin schneller ab. Zu den Kurzzeit-Analoginsulinen zählen Novo Rapid (Novo Nordisk), Humalog (Lilly), Liprolog (Berlin- Chemie) und Apidra (Sanofi).

Aufbau der Kurzzeit- Analoginsuline

Das Hormon Insulin ist aus verschiedenen Eiweißbausteinen aufgebaut. Ähnlich wie Perlen auf einer zweireihigen Kette sind Aminosäuren die Bausteine, die bei jedem Menschen in gleicher Reihenfolge aneinandergefügt und miteinander durch Brücken verbunden sind. Bei den unterschiedlichen Analoginsulinen wurden jeweils bestimmte Aminosäuren miteinander vertauscht oder durch andere ersetzt.

Langzeit- Analoginsuline

Auch bei Langzeit-Analoginsulinen handelt es sich um gentechnisch hergestelltes Insulin. Durch den Austausch einzelner Aminosäuren kann erreicht werden, dass einzelne Insulinmoleküle länger im subkutanen Fettgewebe aneinanderhaften und verzögert in einzelne Insulinmoleküle zerfallen, die dann in den Blutkreislauf aufgenommen werden. Glargin war das erste Analoginsulin mit verlängerter Wirkdauer. Ähnliche Insuline, sogenannte „Biosimilars“ von anderen Firmen sind nach Ablauf des Patents auf den Markt gekommen. Eine zusätzlich verlängerte Wirkdauer konnte durch das Anhängen einer Fettsäurekette (Levemir/Degludec) erreicht werden. Diese Insuline werden im Blut an Albumin gebunden und langsam wieder an den Rezeptor abgegeben. Zu den Langzeit-Analoginsulinen zählen zum Beispiel Lantus (Insulin Glargin – Sanofi), Toujeo (Insulin Glargin – Sanofi), Levemir (Insulin Detemir – Novo Nordisk), Lusduna (Insulin Glargin- Biosimilar – MSD).