Besser Messen

Self-Tracking im Trend

Ob Schrittzahl, Pulsschlag oder Kalorienverbrauch – Self-Tracking ist eine neue digitale Technik, die Informationen über verschiedene Körperwerte, Fitnessdaten oder die Ernährung liefert. Die
sogenannte Selbstvermessung kann auch Menschen mit Diabetes Vorteile bringen.

Es gab eine Zeit, in der hatten Telefone nur eine Funktion: Man konnte mit ihnen telefonieren. Mittlerweile besitzt fast jeder ein Smartphone als ständigen Begleiter. Auch für Menschen mit Diabetes bringt die neue Technologie Erleichterung beim Blutzuckermanagement. Spezielle Apps haben längst das klassische Blutzuckertagebuch ersetzt und ermöglichen das Zusammenführen und Auswerten von Daten aus unterschiedlichen Geräten wie Blutzuckermessgeräten oder Insulinpumpen. Doch eine App kommt selten allein. In den letzten Jahren ist Self-Tracking zum echten Trend geworden: Wir alle produzieren täglich Unmengen an messbaren Informationen. Dazu gehören nicht nur Gesundheitsparameter wie Blutdruck, Pulsschlag oder Blutzucker, sondern beispielsweise auch zurückgelegte Schritte oder Kilometer, Lesezeit, Schlaf- und Aufwachphasen, Gewohnheiten oder Wohlbefinden. Für Self-Tracker wird der eigene Körper zur Datenquelle. Immer mehr Menschen nutzen dazu kleine Sensoren, Fitnessarmbänder oder andere Geräte. Eine große Rolle bei der Erfassung und Auswertung der Daten spielen Fitness- oder Gesundheits-Apps. Die Datenerfassung an sich ist dabei keine wirkliche Neuheit. Neu ist allerdings die Digitalisierung und die damit verbundenen innovativen technologischen Möglichkeiten.

Gewohnheiten erkennen

Wissen Sie am Ende des Tages eigentlich, was Sie wirklich gegessen oder wie viel Sie sich bewegt haben? Self-Tracking ermöglicht es Gewohnheiten oder bisher unbeachtete Zusammenhänge zu erkennen. Je mehr Daten aus unterschiedlichen Quellen zur Verfügung stehen, desto umfassender wird der Blick auf die eigene Gesundheit oder die körperliche Aktivität. Die gemessenen Werte sind zudem eine gute Grundlage, um beispielsweise die eigene Leistungsfähigkeit zu verbessern, gesünder zu leben und negative Gewohnheiten zu reduzieren oder gar abzulegen. Self-Tracking ist also nicht nur etwas für (Leistungs- )Sportler, sondern die digitale Technik kann in vielen Bereichen nützlich sein. So wie bei Charlotte: Die Typ-1-Diabetikerin hat vor ein paar Monaten begonnen, ihre Ernährung umzustellen und gleichzeitig mehr Sport zu treiben. „Anfang des Jahres habe ich mich entschlossen, ein paar Kilo abzunehmen, aber ohne eine Radikal- Diät. Ich war zudem häufig erschöpft und litt gleichzeitig unter Schlafstörungen. Meine Ernährungsberaterin riet mir dazu, zunächst meine Lebensgewohnheiten zu analysieren, um den Ursachen auf den Grund zu gehen“, erzählt die 26- jährige Studentin. Dass Charlotte selbst nach scheinbar ausreichend Schlaf morgens noch müde war, konnte sie sich nicht erklären.

Statt Schlaflabor

In einem Schlaflabor können Schlafgewohnheiten und Schlafqualität überprüft werden. Das Ganze geht aber auch von zu Hause aus, und zwar mit sogenannten Schlaftrackern. Unter diesem Begriff werden technische Geräte zusammengefasst, die in irgendeiner Form den Schlaf dokumentieren. Sie erkennen Schlafphasen und messen Reize wie Herzschlag oder Bewegung. Dadurch erfassen die Tracker nicht nur, wie viel REM-Schlaf oder Tiefschlaf jemand bekommt, sondern sie erkennen auch, wie viel Zeit zum Einschlafen benötigt wird oder wie häufig eine Person in der Nacht aufwacht. Dabei gibt es unterschiedliche Sleep-Tracker. „Ich habe mich für ein Armband entschieden, dass ich nachts am Körper trage“, sagt Charlotte„Es misst unter anderem Atem- und Herzfrequenz. Am besten gefällt mir aber die Funktion, dass mich das Armband morgens durch leichte Vibration aufweckt, wenn ich mich in einer Leichtschlafphase befinde. Seitdem fühle ich mich am Tag fitter und ausgeschlafener.“ Tracker wie das Armband (zum Beispiel von Fitbit) werden „Wearables“ genannt. Sie sind genauer als Apps, die den Schlaf kontrollieren, aber auch teurer. Eine weitere Neuheit ist der Schlafsensor „Sleep“ von Nokia in Verbindung mit der Nokia Health Mate App. Der Tracker wird unter die Matratze gelegt und liefert fundierte Einblicke in den Schlaf durch Überwachung der Schlafzyklen, Nachverfolgung der Herzfrequenz und der Erkennung von Schnarchen. Reine Apps hingegen zeichnen die Vibration der Matratze auf, die durch Bewegung und Atem ausgelöst wird. Das Smartphone wird einfach neben das Kopfkissen gelegt und kann den Schlaf auch im Flugmodus aufzeichnen. Apps wie “Sleep Better” von Runtastic bieten noch weitere Features, die dabei helfen, Verhaltensmuster zu erfassen, die Einfluss auf den Schlaf nehmen können. Dazu gehören beispielsweise Ernährungsgewohnheiten oder Bewegung.

Die Motivation steigt

Auch in Sachen Sport setzt Charlotte auf Self-Tracking. Am Abend wirft sie einen Blick auf ihr Fitnessarmband. „Über den Tag zählt es meine Schritte und gibt zusätzlich die zurückgelegten Kilometer und die verbrannten Kalorien an“, erklärt die Studentin und ergänzt: „Wenn ich mich ausreichend bewegt habe, leuchtet es hell auf und zeigt ein kleines Lob an.“ Das Überwachen der eigenen Aktivität kann motivierend wirken und hilft, ein Gefühl dafür zu bekommen, wie viel man sich wirklich bewegt. Ebenso können Tracker oder Apps spielerische Anreize geben, um Verhaltensmuster zu überdenken und zu ändern. So gibt es Aktivitätstracker, die bei zu langem Sitzen vibrieren und anzeigen, dass es Zeit ist, sich zu bewegen. Vielen Menschen ist gar nicht bewusst, welche Gewohnheiten den Alltag bestimmen und mit welchen einfachen Maßnahmen das eigene Wohlbefinden verbessert werden kann. So ging es auch Manuel. Der 48-jährige Unternehmensberater ist Typ-2- Diabetiker und hat aus purer Neugier mit dem Self-Tracking begonnen. „Ein Freund hat mir davon erzählt und ich wollte wissen, wie viele Schritte ich am Tag mache.“ Kurzerhand kaufte sich Manuel einen Fitnesstracker und erinnert sich an die ersten Ergebnisse: „Mir war klar, dass ich mich aufgrund meines Berufes zu wenig bewege und ich kein Idealgewicht habe, aber ich hätte nicht gedacht, dass das Resultat so ernüchternd ausfällt.“ Mit den Zahlen vor Augen entschied sich Manuel dazu, seinen Tagesablauf zu verändern und täglich mindestens die von Experten empfohlenen 10.000 Schritte zu erreichen. Auch wenn diese Umstellung mehr Zeit kostet, bleibt das Auto so oft es geht stehen. „An das Laufen habe ich mich richtig gewöhnt und ich hätte nicht gedacht, dass sich dadurch auch meine Blutzuckerwerte verbessern“, lächelt der Typ-2-Diabetiker.

Mehr im Blick

Waagen sagen immer die Wahrheit. Ist das wirklich so? Stellen Sie sich zwei Personen gleichen Geschlechts vor, die gleich großsind. Während Person A sehr sportlich ist und kein Gramm Fett zu viel am Körper hat, ist Person B mit Bauch und Beinen unzufrieden. Allein das Körpergewicht sagt also nicht direkt aus, ob jemand wirklich dick oder dünn ist. Vielmehr kommt es auf weitere Faktoren wie Körperfett oder Muskelmasse an. Auch hier gibt es smarte Lösungen, die dabei helfen können, die eigene Fitness zu verbessern. Sogenannte Körperanalysewaagen können im Zeitalter des Self-Trackings viel mehr, als nur das Gewicht anzeigen. Wie sich das Verhältnis von Körperfett, Wasser und Muskelmasse verändert ist nicht nur für Sportler interessant. Körperanalysewaagen messen über Sensoren den Widerstand im Körper. Fettzellen sind schlechte Leiter, Wasser und Muskeln hingegen gute. In Verbindung mit den eigenen Körperdaten wie Geschlecht, Größe, Alter und Gewicht können so weitere Daten ermittelt werden. Wer sportliche Fortschritte ermitteln oder abnehmen möchte, kann mit dieser Methode erkennen, ob Muskelmasse aufgebaut wurde oder ungeliebtes Fett auf der Strecke geblieben ist. Purzelnde Pfunde können hingegen auch auf einen Verlust an Wasser oder Muskelmasse zurückzuführen sein. Auch hier kann die Körperanalysewaage wichtige Hinweise liefern. Viele der aktuellen Geräte senden die Daten an eine Smartphone-App, die dort verfolgt und ausgewertet werden können. Besonders für Menschen mit Typ-2-Diabetes ist eine Gewichtsreduktion oft nötig, um die Stoffwechsellage zu verbessern. Während Crash-Diäten oft nicht mehr bringen, als einen ordentlichen Jo-Jo-Effekt, kann die Analyse der Körperdaten zu einem langfristigen Erfolg beitragen. Der behandelnde Arzt kann in Zusammenarbeit mit einem Ernährungsberater auf Grundlage der Daten Empfehlungen aussprechen, um seinen Patienten auf dem Weg hin zu einer gesunden Lebensführung und einer besseren Blutzuckereinstellung zu unterstützen.

Gute Gründe und Erklärungen

Im vergangenen Jahr saß Miriam immer wieder ungläubig vor ihrem Blutzuckermessgerät. „Ich konnte mir die ständigen Blutzuckerschwankungen und die hohen Werte nicht erklären“, erinnert sich die Typ- 2-Diabetikerin. Nach mehreren gescheiterten Versuchen, die Therapie zu optimieren, wusste auch ihr Diabetologe keinen Rat. Miriam führte regelmäßig ein Blutzuckertagebuch in Papierform. Darin protokollierte die 51-jährige neben den Blutzuckerwerten auch Broteinheiten und Medikamente. Besonders am Morgen schossen die Nüchternblutzuckerwerte in die Höhe. Laut dem Protokoll hatte Miriam weder Abends noch Nachts zu viel gegessen oder zu wenig Medikamente genommen. Als ihr Diabetologe ihr empfahl, ein Ernährungstagebuch zu führen, entschloss sich die Typ-2-Diabetikerin für eine Ernährungs-App, mit der sie alle Lebensmittel in der genauen Menge ganz einfach erfassen konnte. Die Auswertung der Daten lieferte endlich eine Erklärung für das Problem: Miriam hatte bisher lediglich die gegessenen Kohlenhydrate in ihr Tagebuch eingetragen. Abends aß sie jedoch gerne Käse und oder Nüsse. „Diese Lebensmittel habe ich nie berechnet, da sie keine oder nur wenig Kohlenhydrate enthalten“, erklärt sie und gibt zu: „Dass sich auch Fett auf den Blutzuckerspiegel auswirkt, war mir nicht bekannt.“ Ihr Diabetologe erklärte, dass Fett und Eiweiß ab einer bestimmten Menge für einen verzögerten Anstieg der Blutzuckerwerte sorgen können. Bei einer Insulintherapie besteht hier beispielsweise die Möglichkeit, einen verzögerten Bolus abzugeben. Erst die genaue Analyse der einzelnen Mahlzeiten hat im Fall von Miriam geholfen, die Therapie zu optimieren. Gemeinsam mit den ermittelten Werten aus einer Körperanalysewaage kann Ernährungs-Tracking zudem sowohl bei einer Diät, als auch im sportlichen Bereich sinnvoll sein.