Bessere Gesundheit

Warum nicht Transplantieren?

Welcher Mensch mit Diabetes kommt für eine Pankreastransplantation in Frage? Die simultane Nieren/Pankreastransplantation (SPK) ist die Therapie der Wahl bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und (prä-)terminaler Niereninsuffizienz. Das Ergebnis kann eine höhere Lebensqualität, die Reduktion akuter Stoffwechselentgleisungen, der positive Einfluss auf eine Reihe diabetischer Sekundärfolgen und vor allem eine wesentlich bessere Überlebenschance sein.

Die Therapie des Typ-1-und Typ-2-Diabetes mellitus hat sich in den letzten Jahren sowohl durch spezielle Schulungskonzepte, neue orale Antidiabetika, GLP-1-Rezeptoragonisten und Insuline, als auch durch bessere Insulinapplikationssysteme (Insulinpumpen, künstliche Bauchspeicheldrüse) und Optimierung der Glukose-Selbstmessung durch kontinuierliche Glukosemessungen ständig verbessert. Dennoch ist eine Normalisierung des diabetischen Stoffwechsels auf Dauer mit diesen Instrumenten und Medikamenten nicht möglich. Diese ist jedoch sehr wichtig für die Vermeidung, den Stopp oder sogar die Rückbildung diabetischer Gefäß- und Nervenkomplikationen, Hauptursachen für mögliche Folgen des Diabetes wie zum Beispiel Schlaganfall, Herzinfarkt, Herz- und Nierenversagen, sowie die Übersterblichkeit von Menschen mit Diabetes.

Die insulinproduzierenden Beta-Zellen in den Langerhans´schen Inseln der Bauchspeicheldrüse (= Pankreas) sind gleichzeitig kontinuierliche Glukosemessfühler und schütten das von ihnen gebildete Insulin entsprechend den aktuellen Glukosekonzentrationen in das Blut aus, das unmittelbar in die Leber fließt. Dieses intelligente biologische Closed-Loop- System ist trotz intensiver Forschungen bisher nicht annähernd nachahmbar. Nur der Beta-Zellersatz in Form der Transplantation der gesamten Bauchspeicheldrüse oder der Einpflanzung isolierter Langerhans´schen Inseln kann zur kompletten Normalisierung des diabetischen Stoffwechsels führen und damit langfristig diabetische Komplikationen verhindern, verlangsamen oder rückgängig machen.

Pankreas-Transplantation

Seit Beginn der Pankreastransplantation Ende der sechziger Jahre bis in die achtziger Jahre hinein galt diese eher als experimentelles Verfahren. Durch Verbesserung der operativen Techniken, der perioperativen Betreuung der Patienten, sowie durch neue immunsuppressive Protokolle, sind die Ergebnisse der Pankreastransplantation hinsichtlich Organund Patientenüberlebensraten so erfolgreich geworden, dass die gleichzeitige Nieren- und Pankreastransplantation heute die Standardtherapie bei Menschen mit Typ-1-Diabetes und Nierenversagen ist.

Aktivitäten Ergebnisse

1966 übertrugen Richard Lillehei und William D. Kelly in Minneapolis erstmals eine Bauchspeicheldrüse. Die Pankreastransplantation erfolgte gemeinsam mit einer Nierentransplantation. Die ersten reinen Pankreastransplantationen waren dagegen kaum erfolgreich. Erst als 1976 französische Transplantationschirurgen um J.M. Dubernard und J. Traeger eine neue Operationstechnik entwickelten, verbesserten sich die Ergebnisse der Pankreastransplantationen. Die erste Pankreastransplantation in Deutschland wurde von Prof. Walter Land 1979 im Münchner Klinikum Großhadern durchgeführt.

Weltweit sind mehr als 50.000 Pankreastransplantationen durchgeführt worden. Etwa zwei Drittel der Transplantationen erfolgten in den USA. Die Pankreastransplantation erfolgt meist simultan mit einer Nierentransplantation und zwar bei Menschen mit Typ-1-Diabetes (88 Prozent) und bei Typ-2-Diabetes (12 Prozent). Wesentlich seltener wird eine Pankreastransplantation nach Nierentransplantation (PAK; pancreas after kidney) oder eine singuläre Pankreastransplantation (PTA; pancreas transplantation alone) durchgeführt. Dennoch bekommen sowohl in Europa und vor allem in den USA diese beiden Verfahren zunehmend Bedeutung.

Bei der gleichzeitigen Nieren- und Pankreastransplantation liegen die neuesten Dreijahresüberlebensraten für Patienten gemäß der International Pancreas Registry bei 93 Prozent, die der Transplantatniere bei über 89 Prozent und die des Transplantatpankreas bei über 83 Prozent. Die Pankreastransplantation hat sich damit zu einem sicheren und erfolgreichen Verfahren entwickelt. Die Ergebnisse bezüglich des Pankreastransplantatüberlebens bei der PAK sowie der PTA haben sich ebenfalls zunehmend verbessert, die Dreijahresüberlebensraten liegen für die PAK und PTA bei circa 70 Prozent. Die Zehnjahresergebnisse sind insbesondere für die gleichzeitige Pankreas-Nierentransplantation wie folgt: Patientenüberleben im Median 14,4 Jahre. Im Vergleich starben Menschen auf der Warteliste zur SPK im Median nach 3,7 Jahren.

Chirurgische Technik

Das Standardverfahren ist derzeit die sogenannte enterale Drainage durch Anlage einer Verbindung zwischen Bauchspeicheldrüse und Zwölffingerdarm (Spenderorgane) und dem Dünndarm des Empfängers. In dieser Technik wird der produzierte Verdauungssaft der transplantierten Bauchspeicheldrüse (bis circa 1,5 Liter pro Tag) in den Dünndarm drainiert und wird dort inaktiviert. Die eigene Bauchspeicheldrüse bleibt bei Operation unberührt. Sie funktioniert (ja) mit der Produktion von Verdauungssäften bei Typ-1-Diabetes normal, sodass bei der transplantierten Bauchspeicheldrüse der Teil des Organs nicht gebraucht wird. Die endokrine Drainage der von den Langerhans´schen Inseln freigesetz- ten Hormone (vor allem Insulin, aber auch Glukagon und andere Hormone) aus der transplantierten Bauchspeicheldrüse erfolgt in die untere Hohlvene oder direkt in die Leber (portal-venös).

Mögliche Komplikationen

Komplikationen sind nach simultaner Nieren- und Pankreastransplantation im Vergleich zur singulären Nierentransplantation erhöht. Typische Komplikationen, die durch das Pankreastransplantat entstehen können, sind: Transplantatpankreatitis, Pankreasfisteln, Pankreas-Pseudozysten, peripankreatische Nekrosen und Gefäßthrombosen. Diese Komplikationen können zu einer erhöhten Re-Operationsrate führen. Des Weiteren ist die Krankenhausaufenthaltsdauer bei der simultanen Nieren/ Pankreastransplantation länger als bei der singulären Nierentransplantation. Die Rate der technisch bedingten Pankreastransplantatverluste liegt zwischen sechs und zehn Prozent. Bezüglich der Patientenüberlebensraten zeigte sich jedoch keine erhöhte Einjahres-Sterblichkeit nach simultaner Nieren- und Pankreastransplantation im Vergleich zur singulären Nierentransplantation. Hervorzuheben ist auch, dass das Pankreastransplantat das Nierentransplantat nicht gefährdet. Die Einjahres-Überlebensraten des Nierentransplantates sind bei simultaner Nieren- und Pankreastransplantation nicht niedriger, sondern sogar besser im Vergleich zur alleinigen Nierentransplantation.

Immunsuppression

Prinzipiell unterscheidet sich die Immunsuppression zur Vermeidung von akuten oder chronischen Abstoßungen der transplantierten Organe bei der (Nieren-)/Pankreastransplantation nicht wesentlich von der bei alleiniger Nierentransplantation. Die Rate an immunologisch bedingten Funktionsverlusten des Transplantatpankreas ist insgesamt gering (weniger als fünf Prozent). Derzeit wird die Kombination Tacrolimus/Mycophenolat Mofetil (MMF) am häufigsten verwendet. Die meisten Zentren streben wegen der vielen potentiellen Nebenwirkungen Glukokortikoid-freie Protokolle an. Eine chronische Immunsuppression erhöht die Gefahr von Infektionen und auf längere Sicht von Krebserkrankungen, wobei der Hautkrebs am häufigsten vorkommt. Daher muss der chronisch immunsupprimierte Transplantierte regelmäßig auch auf Infektionen und Krebserkrankungen untersucht werden.

Auswirkungen auf den Stoffwechsel und diabetische Sekundärfolgen

Nach erfolgreicher Pankreastransplantation ist der Patient unabhängig von Insulin und muss auf keine besonderen Einschränkungen der Ernährung achten. Der Verzicht auf Insulininjektionen und das regelmäßige Blutglukosemonitoring ist ein nicht zu unterschätzender Gewinn für die Lebensqualität der Patienten und führt zu einer wesentlichen Kostensenkung. Gleichzeitig werden akute Komplikationen des Diabetes mellitus, wie hyper- und hypoglykämische Entgleisungen beseitigt. Die meisten Untersuchungen zu den Auswirkungen der Pankreastransplantation auf die diabetischen Komplikationen wurden nach simultaner Nieren- und Pankreastransplantation durchgeführt.

Da die meisten Pankreastransplantationen bei Typ-1-Diabetikern mit einer Diabetesdauer von durchschnittlich 25 Jahren erfolgen, liegt bei diesen Menschen bereits ein ganz schweres diabetisches Spätsyndrom vor. 94 Prozent der Patienten, die auf die Warteliste zur simultanen Nierenund Pankreastransplantation aufgenommen werden, haben eine diabetische sensomotorische und autonome Polyneuropathie, bei 80 Prozent waren panretinale Laserbehandlungen bei diabetischer Retinopathie schon vor Transplantation notwendig und die meisten Patienten waren dialysepflichtig. Bei allen Patienten fanden sich eine mehr oder weniger ausgeprägte Makroangiopathie der Herz- und Gehirnversorgenden Arterien. Auf eine detaillierte Darstellung des Schicksals diabetischer Komplikationen nach erfolgreicher Pankreastransplantation kann leider nicht eingegangen werden.    

Die Nieren: Eine Pankreastransplantation erfolgt meist gemeinsam mit einer Nierentransplantation. In 88 Prozent der Fälle haben die Patienten Typ-1-Diabetes.